Markus und Fabian teilen sich eine Wohnung in Bozen. Und sie teilen die Leidenschaften, leidenschaftlich zu diskutieren und pointiert zu schreiben. In ihrer Küche wird über kompletten Nonsens genauso gerne diskutiert wie über die aktuelle Weltpolitik (nur gekocht wird dort nicht so oft). Ähnlich soll es in diesem Blog passieren.
Das Konzept: beide schreiben einmal pro Monat mit einer vorgegebenen Zeichenzahl ihre Meinung zu einem vorgegebenen Thema. Eine Woche nach Veröffentlichung wird abgerechnet: wer hat mit seinem Text mehr Views und Likes erreicht?
Der Verlierer muss den Müll runterbringen. Der Gewinner darf das Thema für den nächsten Monat bestimmen. Vorschläge dürfen natürlich auch von euch Lesern kommen.
Gute Unterhaltung beim „Battle of Blogs“!

Mittwoch, 22. März 2017

Tatort: 6 profane Gründe für den Mordserfolg (Fabian)

Der Erfolg des Tatort ist ein nahezu unbeschreibliches Phänomen. Nahezu! Dabei gibt es unzählige Erklärungsversuche. Wärend die einen behaupten der Erfolg beruhe auf einer ziemlich genauen Abbildung der deutschen Gesellschaft deckt dieser Blogartikel die simplen Motive auf die den Erfolg der Krimireihe ausmachen.  
Tatort: 6 profane Gründe für den Mordserfolg

Erfolg durch Gesellschaftskritik? Wohl eher nicht.

Wohl um den nahezu unheimlichen Erfolg zu erklären hält sich hartnäckig die These, der Tatort sei deshalb so beliebt, weil er die Komplexität der Gesellschaft abbildet, weil er sozusagen deren Spiegel ist. Was für eine elitäre Theorie. Zunächst gibt es ja nicht „den Tatort“; jeder Rundfunk hat andere Drehbuchschreiber, Drehorte und Schauspieler.

Zudem ist ein Krimi per se nie ein Abbild der Gesellschaft. Knapp 300 Morde gibt es jährlich in Deutschland. Die Tatort-Reihe kommt im Jahr 2016 auf 162 Morde. Deutschland, Land der Mörder und Zuhälter, möchte man meinen, wenn man die Gesellschaft anhand des Tatorts rekonstruieren möchte. Dazu kommt: währen die Anzahl der Morde in der „echten“ Gesellschaft stetig abnimmt (-40% in den letzten 15 Jahren) nimmt sie im Tatort immer weiter zu (2016 war das „blutigste“ Jahr überhaupt).

Regisseure, Drehbuchschreiben und Rundfunkanstalten müssen Erfolge produzieren. Für Millionen von Zusehern. Und Millionen bekommt man nicht durch para-akademische Milieukritik vor den Bildschirm.

6 profane Gründen die uns an den Bildschirm fesseln

Der Erfolg des Tatorts lässt sich mit 6 eher simplen Gründen erklären. Tatort, das ist eine Krimireihe der Gegensätze. Sie ist sowohl abwechslungsreich als auch kontinuierlich, gleichermaßen vorhersehbar wie überraschend und ebenso altbacken wie modern.

1.      Abwechslungsreich: „Den Tatort“ gibt es nicht. Jeder Drehort hat seine abgegrenzte, in sich abgeschlossene Handlung. Und jede ist unterschiedlich. Altbacken-traditionell in Köln oder München, skurril in Münster, unterhaltsam in Dortmund, sozialkritisch in Berlin und so weiter. Es ist Teil der Faszination, dass es jede Woche um einen anderen Aspekt geht. 20 Shades of Krimi könnte man sagen – nicht nur dass jeder Geschmack dadurch abgedeckt wird: jeder hat seinen Favoriten. Das sorgt für Gesprächsstoff am Montag im Büro. 

2.      Kontinuativ: Nein, das ist kein Gegensatz zu Punkt 1. Die Krimireihe schafft es vielmehr den Bogen zwischen den 2 Punkten zu schlagen. Mal ehrlich: wie viele Fernsehfilme mit fortlaufenden Handlungen gibt es im deutschen Fernsehen? Ok, auch der Tatort hat keine Cliffhanger a là Breaking Bad, aber meist einen Handlungsstrang der über 90 Minuten hinausgeht. Im Unterschied zu so gut wie allen anderen Krimis im TV. Dies sorgt für Spannung, dafür dass sich Insider noch tiefer drin fühlen und dafür dass sich echte Charaktere entwickeln können.

3.      Vorhersehbar: Am Anfang wird gestorben, mittendrin wird aufgedeckt, am Ende ist alles gut. Wenn es eine Beschreibung für „den Tatort“ gibt, dann diese. Was trifft die deutsche Seele besser als diese Abfolge. Man geht den Dingen auf den Grund, findet raus dass etwas ziemlich falsch läuft und bringt es in Ordnung. Wenn es sehr kompliziert ist, spricht Anne Will in gediegener Runde noch eine Stunde darüber. Wenn dann wirklich alles geklärt ist geht’s zum Zähneputzen und dann ab ins Bett. Der Mensch ist eben doch ein Stück weit ein Gewohnheitstier. 

4.      Überraschend: Ein Krimi hat viele Facetten, einige von ihnen kennen wir zur Genüge, andere hauen uns geradezu aus den Socken. Gerade wenn es keine klassische Gangsterjagd oder keinen „Aufklärungskrimi“ gibt, ist der Überraschungseffekt groß. Elemente wie einen Erzähler der durch die Handlung führt, ein Stück-im-Stück oder ähnliches sorgen für die ganz besondere Würze.

5.      Alt: Keine 10 Seiten ist die Bibel alt, bis der erste Mord passiert. Seit Kain und Abels „Tatort“ hat sich nicht viel verändert. Niedrige Motive erklären, in ihrer Einfachheit, einen großen Teil des menschlichen Handelns. Und sie sind so schön Zeitlos und für jeden Verständlich. Meine Oma kann sich genauso gut eine eifersüchtige Ehefrau vorstellen wie es ein Handwerker im Mittelalter konnte oder ein IT Ingenieur der Zukunft können wird. Darauf baut der Sonntagskrimi, unverändert seit mehreren Jahrzehnten.

6.      Neu: Es gibt wenige Fernsehereignisse, die es in den Twittertrends ganz nach oben schaffen. Neben Sportübertragungen und dem Dschungelcamp wohl nur Tatort. Da werden laufend Handlungen kommentiert, schlechte Ausgaben verrissen und es wird laufend kommentiert. Man hat den Eindruck, Tatort wird in Zeiten von Onlinemediatheken nur deshalb pünktlich um 20.15 angesehen, damit man ihn auf dem Second Screen auf Twitter verfolgen kann.

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