Markus und Fabian teilen sich eine Wohnung in Bozen. Und sie teilen die Leidenschaften, leidenschaftlich zu diskutieren und pointiert zu schreiben. In ihrer Küche wird über kompletten Nonsens genauso gerne diskutiert wie über die aktuelle Weltpolitik (nur gekocht wird dort nicht so oft). Ähnlich soll es in diesem Blog passieren.
Das Konzept: beide schreiben einmal pro Monat mit einer vorgegebenen Zeichenzahl ihre Meinung zu einem vorgegebenen Thema. Eine Woche nach Veröffentlichung wird abgerechnet: wer hat mit seinem Text mehr Views und Likes erreicht?
Der Verlierer muss den Müll runterbringen. Der Gewinner darf das Thema für den nächsten Monat bestimmen. Vorschläge dürfen natürlich auch von euch Lesern kommen.
Gute Unterhaltung beim „Battle of Blogs“!

Sonntag, 1. November 2020

Corona hat vieles zerstört. Aber unsere Vorurteile hat es verstärkt (Fabian)



Die Globalisierung verwässere die Eigenheiten der Kulturen und mache alles zu einer Einheitssuppe, heißt es häufig. Stereotypen seien für Touristen – es gebe eh nur noch den globalisierten Weltbürger. Das galt vielleicht bis März 2020. Corona hat seitdem ja vieles zerstört – unsere Vorurteile hat es aber verstärkt. Von wegen europäische Einheitssuppe: Corona zeigt uns, wie unterschiedlich die Staaten in Europa doch sind – eine Renaissance der Stereotypen. 

Chaos und Fußball

Wäre die EU eine Schulklasse, wäre Italien der Chaot. Heute schon vergessen, was er gestern versprochen hat, im Kopf vor allem Mädchen und Fußball. Selbst in normalen Zeiten gibt es so viele und so chaotische Gesetze, dass man sich besser darauf konzentriert, nicht erwischt zu werden, als darauf, sie alle einzuhalten. Zum Glück gibt es den Fußball, über den man hervorragend gemeinsam streiten kann. 

In der Coronakrise ist es nicht anders, nur krasser. Jeden Tag eine neue Verordnung des Ministerpräsidenten, kaum jemand weiß noch, was er „darf“ und was nicht, die Pandemie selbst ist nur noch Kulisse für das exponentielle Wachstum der Verbote. 

Fußball ist im Moment hingegen ein bissl schwierig. Aber was bisher die Fußballergebnisse waren, sind nun die Coronazahlen: Infizierte, Hospitalisierte, Tote – das makabre Totocalcio der Corona-Zeit. Und was bisher die Fußballsendungen waren, das ist heute Giuseppe Conte, der sich jeden Sonntag zur Primetime zuschaltet um den Italienern zu verkünden, was sie die nächste 7 Tage dürfen und was nicht. Auch die Bargespräche sind nicht verschwunden, haben sich aber angepasst: war bis März eigentlich jeder und jede ein unentdeckter Nationaltrainer, dem man einfach nur unerklärlicherweise nicht zuhörte, sind nun alle verkannte Virologen. 

Streber mit Klopapier

Wäre die EU eine Schulklasse, Deutschland wäre eindeutig der Streber. Immer vorbereitet, sitzt immer in der ersten Reihe und macht alles richtig. Hobbys: Autobahnen und Föderalismus. All das wird auch in der Pandemie groß geschrieben, sogar noch größer als sonst. Föderalismus scheint auch in einer globalen Notlage die heilige Kuh zu sein, die selbst eine der wenigen rational handelnden Regierenden Europas (ja, die Angie) immer wieder ausbremst. Die mächtigste Frau der Welt buhlt um die Gnade und Zustimmung der 16 Ministerpräsidenten. Dass da nicht noch mehr Chaos herauskommt ist eigentlich verwunderlich. 

Der Vorbereitungswahn hat die Deutschen, in einer Zeit in der man kaum etwas vorbereiten kann, zum Hamstern von Klopapier getrieben. In einer bekackten Situation sorgt man besser dafür, dass man nicht so schnell von der Rolle ist. Erst wenn die Vorräte bis zur Impfung reichen, fühlt sich der Deutsche ausreichend vorbereitet. 

Aber Deutschland, der Streber, steht trotz alledem wieder mal besser da also die meisten seiner Nachbarn. Liegt es an der Oberstreberin, die den Deutschen exponentielles Wachstum erklärt hat? An der deutschen Distanziertheit, im Gegensatz zum Getue italienischer Großfamilien (Baci e abbracci)? Ich behaupte es liegt am Strebertum allgemein: Man hat sich vorgenommen nicht krank zu werden, und was die Deutschen sich vornehmen, das schaffen sie auch. 

Geld oder Ideale?

Wäre die EU eine Schulklasse, und jedes Land ein Schulkind, wäre Südtirol nicht dabei, ich weiß. Aber für diesen Blogbeitrag wäre das nicht hilfreich. Also, wäre er dabei, Südtirol wäre der Schüler der irgendwie gut aussieht, aber sehr egozentrisch auftritt und sich schon mal überschätzt. Auch würde er ständig einen auf „Idealist“ mache, wobei jedem klar wäre, dass es ihm vor allem ums Geld geht. 

Seit 100 Jahren bezeichnet sich Südtirol nun als geknechtet von einem fremden Staat, getrennt vom Vaterland durch die Unrechtsgrenze. Nach etwa der Hälfte der bisherigen Leidenszeit hat man aber verstanden, dass der knechtende Staat nur allzu bereit ist, das Unrecht mit schnödem Mammon etwas zu lindern. 

Nicht anders ist es in der Corona-Zeit. Stolz verkündete man im Frühjahr den „Südtiroler Weg“, der sich vom italienischen Weg vor allem dadurch unterschied, dass Gasthäuser früher wieder öffnen durften. Flankiert durch Bergfeuer und schneidige Parolen schaffte man es bis in die New York Times: der Südtiroler hatte es ja immer schon gewusst, die ganze Welt schaut auf ihn! Bis in den Oktober proklamierte man weiter diesen eigenen Weg und setzte durch, dass Gasthäuser länger geöffnet bleiben dürfen. Der Weg endete recht abrupt, als Rom dann 5 Milliarden an alle Bars und Restaurants Italiens verteilte – alle außer jene des Südtiroler Weges. Die anteiligen 50 Millionen durfte man sich natürlich nicht entgehen lassen. 


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen