Markus und Fabian teilen sich eine Wohnung in Bozen. Und sie teilen die Leidenschaften, leidenschaftlich zu diskutieren und pointiert zu schreiben. In ihrer Küche wird über kompletten Nonsens genauso gerne diskutiert wie über die aktuelle Weltpolitik (nur gekocht wird dort nicht so oft). Ähnlich soll es in diesem Blog passieren.
Das Konzept: beide schreiben einmal pro Monat mit einer vorgegebenen Zeichenzahl ihre Meinung zu einem vorgegebenen Thema. Eine Woche nach Veröffentlichung wird abgerechnet: wer hat mit seinem Text mehr Views und Likes erreicht?
Der Verlierer muss den Müll runterbringen. Der Gewinner darf das Thema für den nächsten Monat bestimmen. Vorschläge dürfen natürlich auch von euch Lesern kommen.
Gute Unterhaltung beim „Battle of Blogs“!

Mittwoch, 1. Februar 2017

Warum ich gerne bei Amazon kaufe (Fabian)

Ich gehöre laut gängiger Definition wohl zur dunklen Seite der Gesellschaft. Und das nicht weil ich ab und zu mit dem Fahrrad ohne Licht fahre oder meinen Teebeutel samt Metallklammer in den Biomüll werfe.

Ich kaufe bei den bösen Jungs: nicht bei denen im Bahnhofspark – viel schlimmer! Artikel von A bis Z bieten sie an und in wenigen Jahren haben sie es geschafft, den Handel komplett umzukrempeln.

„Pfui!“ werdet ihr jetzt sagen. Amazon gefährde Arbeitsplätze und verdränge den wunderschönen, alten, traditionellen Handel. Und wie schön es doch sei, in einen klassischen Buchladen zu gehen und an klassischen Büchern zu riechen.

Es gibt viele Gründe, warum ich das anders sehe. Abgesehen davon, dass auch im schönen alten Handel mit sehr harten, kapitalistischen Bandagen gekämpft wird und es sehr viel weniger romantisch zugeht als so mancher glaubt gibt es sehr viele gute Argumente für e-Commerce im Allgemeinen und Amazon als einer seiner Speerspitzen.

Nostalgie oder Fortschritt?

Was die ach so gut riechenden Bücher betrifft: Ich habe noch niemanden kennengelernt, der ein Kindle gekauft hat und nachher auch nur einen Gedanken an die dicken Schwarten an Papier verschwendet hat (wo ein Megabyte Text noch 1000 Seiten benötigt und 3kg wiegt). Johannes Guttenberg hätte seine Bibel wohl kaum mit Druckerpressen hergestellt, wenn er die Möglichkeit gehabt hätte, sie auch in seinen Laptop zu tippen und über digitale Kanäle zu vermarkten.

Die Revolution und ihre Früchte

Sich gegen den Fortschritt zu stellen, weil er den Status quo gefährdet, das hat uns noch nie weitergebracht – und das hat auch noch nie funktioniert.

Kaufen wir beim kleinen Laden um die Ecke und bilden uns ein, dann bliebe alles so, wie in der guten alten Zeit? In dem Fall verzichten wir am besten auch auf automatisch gefertigte Güter wie PKWs, Fernseher oder Kühlschränke. Die Maschinen, die für ihre Herstellung verwendet wurden, haben Millionen von Menschen arbeitslos gemacht. Verwenden wir doch auch kein Online-Banking mehr und keine Geldautomaten – wir gefährden damit die Bankbeamten existentiell. Oder unsere Kleidung: am besten tragen wir nur noch Bekleidung die ein Schneider in Handarbeit gefertigt hat. Wir müssen nur sicher gehen, dass er keine Nähmaschine verwendet hat – diese hat nämlich mindestens einen Assistenten ersetzt.

All die Revolutionen der vergangenen Dekaden hatten ihre Schattenseiten, brachten neben Gewinnern auch Verlierer hervor. All diese Revolutionen haben aber auch dafür gesorgt, dass die heutige Mittelschicht viel besser lebt, als der Hochadel vor der 1. Industriellen Revolution. Von den Arbeitern ganz zu schweigen. Heutige Standards in Medizin, Mobilität, Kommunikation – all das wäre ohne die Amazons der Vergangenheit nicht möglich gewesen.

Die Revolution und ihre Feinde

An Lobbys, die aktuelle Veränderungen bekämpfen, mangelt es nicht. Verlage und Plattenlabels fürchten um ihre Vormachtstellung, ebenso wie es die Kirche tat, als der bereits zitierte Gutenberg die Bibel verbreitete. Und Brick-and-Mortar Einzelhandelsketten folgen entweder der Digitalisierung oder stellen sich gegen sie.

Wir können versuchen, die 4. Industrielle Revolution zu bekämpfen – aber abgesehen davon ob es überhaupt möglich ist: sinnvoll ist es nicht.

Die Revolution und ihre Chancen

Jede Revolution hatte ihre Zugpferde (Transatlantic Railway, Ford, Toyota etc.), die zunächst mal für sehr viel Verwirrung gesorgt haben. Zugleich haben sie aber dafür gesorgt, dass Kundenbedürfnisse besser gedeckt werden können, dass Grenzkosten sinken und mehr Menschen an Konsumprodukten teilhaben können. Dieses Mal wird es nicht anders sein. Man denke an das Potential des e-Commerce für die alternde Gesellschaft. Als Gegenpol für die Landflucht. Als Fanal dafür, dass man nicht zwanghaft in der Innenstadt der Hauptstadt wohnen muss, um dazuzugehören, um das konsumieren zu können wovon alle sprechen.

Klar, in einigen Branchen wird die zunehmende Digitalisierung Arbeitsplätze kosten. An anderer Stelle werden aber Arbeitsplätze entstehen, etwa im Projektmanagement, in der Logistik, im e-Kundendienst oder in neuen Anwendungsbereichen des digitalen Marketings um nur einige zu nennen. Oder, um das nicht zu vergessen, die Chancen für kleine, lokale Hersteller die ihre Produkte online vertreiben wollen. Amazon übernimmt - gegen Kommission - Lagerung, Vermarktung und Vertrieb. Eine gigantische Gelegenheit für jeden, vom Pantoffelschneider bis zum handwerklichen Möbelproduzenten – hier eröffnen sich für neue Welten.

Ein letzter Satz noch: Amazon, wie jedes privat organisierte Unternehmen, ist keine Gruppe von Philanthropen. Nichts was Jeff Bezos macht, geschieht aus Nächstenliebe. Aber auch utilitaristische Entscheidungen können sehr viel Sinnvolles bewegen und echte Win-Win Situationen kreieren. Es sind diese Entscheidungen die am Ursprung jeder Revolution standen.

Im diesen Sinne: Ich freue mich auf die Zukunft. Und ich kaufe gerne bei Amazon.

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